Man kennt ihn aus der Filmreihe “Die Wilde Hühner“ und der Lindenstraße. Jeremy Mockridge spielte immer den netten, charmanten Jungen von nebenan. Mit seinem neuen Film „Cleo“ mit Marleen Lohse an seiner Seite taucht er in eine ganz neue Welt ein, auf Schatzsuche in Berlin. Ich sprach mit dem Schauspieler über seinen neuen Film, darüber, wie es ist, in so einer berühmten Familie wie den Mockridges aufzuwachsen und was er sich für die Zukunft wünscht. Der Film „Cleo“ ist seit dem 25. Juli in den deutschen Kinos.

Um was geht es in deinem neuen Film „Cleo“?
Jeremy: Es geht um die Hauptfigur Cleo, die sich vor ihrer Welt verschließt. Sie hat früh ihre Eltern verloren und erfährt jetzt von einer magischen Uhr, die die Zeit zurückdrehen und somit Dinge ungeschehen machen kann. Dann trifft sie auf Paul, der auf ebay Kleinanzeigen eine Schatzkarte gekauft hat, mithilfe der man die Uhr finden könnte. Aber auch die Stadt Berlin mit ihrer einzigartigen Geschichte spielt eine große Rolle. Wir haben uns gefragt: Was würde uns die Stadt erzählen, wenn sie sprechen könnte?
Stimmt es, dass es im Film Parallelen zu der fabelhaften Welt der Amelie gibt?
Jeremy: Ja, ich glaube, damit ist die Atmosphäre des Films gemeint, die Cleo hat. Es ist ein sehr sinnlicher Film. Die fabelhafte Welt der Amelie ist natürlich ein sehr toller, besonderer Film, ein Klassiker. Da wäre es anmaßend, einen Vergleich herzustellen. Bei Cleo kommt aber diese Schatzsuche hinzu. Man könnte sagen Amelie trifft auf Indiana Jones.
Wie waren denn bisher die Reaktionen der Zuschauer auf der Kinotour?
Jeremy: Die Menschen waren begeistert und berührt, wir hören auch ganz oft, dass es endlich mal „etwas anderes“ sei, anders als alle anderen Berlin Filme beispielsweise. Visueller und poetischer, Cleo zeigt Berlin nicht als Partystadt, sondern als magische Stadt.
Wie hast du mit deiner Partnerin Marleen Lohse im Film harmoniert?
Jeremy: Wir haben sehr gut harmoniert, da wir eine ähnliche Biografie haben. Wir haben beide schon früh als Kinder mit dem Schauspielern angefangen, ich bei den Wilden Hühnern und sie bei den Kindern vom Alstertal, und waren dann beide am Theater tätig. Das hat dann sozusagen gut „geklickt“.

Spielst du lieber im Theater oder im Film?
Jeremy: Das kommt ganz auf das Theaterstück oder den Film an. Ich muss zugeben, ich gucke mehr Theater als Filme. Ich liebe es, mit dem Publikum zu interagieren und die Reaktionen zu sehen. Im Theater geht es um den Moment, den man auf der Bühne mit den Zuschauern erlebt. Das Erlebnis des Spielens leidet beim Film oft unter den vielen technischen Begebenheiten, die aufeinander abgestimmt werden müssen. Außer bei „Cleo“. Da lief immer die Kamera. Wir haben versucht so viel wie möglich „drin“ zu bleiben und die Kamera am Laufen zu halten. Da kam ein ganz anderes Gefühl auf, als sonst beim Film, wo man bei jeder Umbaupause warten muss.
Wie bist du an die Rolle gekommen?
Jeremy: Ich hatte mich eigentlich auf eine kleine Rolle beworben und als ich das Drehbuch gelesen habe, habe ich Sympathie für die Rolle des Paul entwickelt. Auf dem Nachhauseweg fragte ich den Regisseur Erik Schmitt dann, wer die Rolle spielt und er sagte daraufhin: „Eigentlich du in zehn Jahren!“ Ich dachte, damit sei das Thema gegessen, doch zwei Tage später rief er mich an und sagte, ich könne doch einfach mal zum Casting kommen und für Paul vorsprechen, vielleicht passt es ja.

Du bist in einer sehr offenen, berühmten Familie aufgewachsen. Inwiefern hat dich das in deiner Entwicklung und schauspielerischen Laufbahn geprägt?
Jeremy: Das hat mich sehr geprägt, weil Theater und Film mein tägliches Brot war, es wurde am Tisch darüber gesprochen und ich bin quasi wie meine Brüder damit aufgewachsen, wir haben es konsumiert. Unsere Eltern haben das sehr stark kultiviert. Dadurch konnte ich das Schauspielern auch früh ausüben, bekam etwa Statistenrollen am Theater. Bei den Wilden Hühnern war das eher noch Spaß, die Schauspielschule hat mir dann das Handwerk gelehrt. Meine Eltern stehen als Comedians auf der Bühne. Diese Verbindung zu Comedy hat auf jeden Fall meinen künstlerischen Kompass geprägt. So war es ja auch bei meinem Bruder Luke zum Beispiel.
Dein Bruder Luke ist als Comedian sehr erfolgreich. Wie ist es, plötzlich so einen berühmten Bruder zu haben? Fühlst du dich manchmal übertrumpft oder siehst du es ganz locker?
Jeremy: Ja, er ist sehr berühmt, aber ich sehe das nicht als Wettbewerb. Ich bin eher glücklich für ihn. Das ist schon unglaublich, dass da 14.000 oder mehr Leute extra anreisen, um ihn zu sehen, nur wegen meinem Bruder. Ich fühle mich aber nicht übertrumpft, es beeindruckt mich eher. Wir haben ja auch ganz verschiedene Berufe, ich bin Schauspieler und er Comedian. Das Bild, wo ich sein will, sieht da ganz anders aus.
In „Die Mockridges“ spielt ihr euch als Familie selbst. Wie war das für dich?
Jeremy: Ja, das war komisch, es ist ja eine Art Fake Documentary, da die Autoren von WDR überlegt haben, wie diese Familie ist, und das Drehbuch geschrieben haben, ohne uns zu kennen. Deshalb herrscht hier etwas Distanz zum wahren Ich, es ist quasi ein amplifiziertes „Jeremy“ Alter-Ego, um das es geht. Es ist komisch, wenn fremde Menschen eine Geschichte über deine Familie schreiben. Da muss man einen Weg finden – was macht dieses Jeremy Alter-Ego unterhaltsam und wie bleibt trotzdem eine gewisse Glaubwürdigkeit.
Dein Vater kommt aus Kanada, deine Mutter aus Italien, doch beide leben nun hier und sprechen perfekt deutsch. Wie kam es dazu?
Jeremy: Das stimmt. Meine Mutter ging in Rom auf eine deutsche Schule und kam dann nach Bonn, mein Vater kam durch eine Freundin aus Kanada nach Bonn, um dort Theater zu spielen und dort haben sie sich dann kennengelernt und sechs Söhne gemacht. (lacht)
Du wurdest durch die Filme der Wilden Hühner berühmt. Wie hat dich diese Zeit geprägt und erinnerst du dich gerne daran zurück? Hast du noch Kontakt zu den Kollegen von damals?
Jeremy: Ja, das hat mich sehr geprägt. Das war ja die Zeit zwischen elf und 15 Jahren. Die Erwartungshaltung von Außenstehenden war dann oft, dass ich genauso cool wie im Film bin und viele haben dann auf mich den perfekten Freund projiziert, obwohl ich das vielleicht ja gar nicht bin. Ich habe sogar Briefe bekommen, die an Fred aus Wilde Hühner adressiert waren, die haben sich quasi in die Figur Fred verliebt. Die Wilden Hühner, die drei Kinofilme, die wir in drei Sommern gedreht haben, waren sozusagen meine erste Schule. Hier habe ich entschieden, dass ich diesen Beruf ein Leben lang ausüben möchte. Vincent Redetzki und ich sind seitdem beste Freunde und haben in Berlin sogar zusammengewohnt. Jetzt ist er in München am Theater und ich in Berlin. Martin Kurz sehe ich auch noch ab und zu, Lucie und Zsa Zsa habe ich auch vor kurzem getroffen. Wir wollten eh alle mal ein großes Reunion Treffen machen. Ich erinnere mich wirklich gerne an die Zeit zurück, das war einfach perfekt, man muss sich diese Dreharbeiten wie eine Klassenfahrt vorstellen.
Gibt es denn Parallelen zwischen dir und Fred im echten Leben?
Jeremy: Ich denke, man füllt eine Rolle immer mit seiner eigenen Identität aus, ich habe lange nicht mehr über Fred nachgedacht, damals war ich noch so jung. Die eigene Identität, Reife und der Humor etwa. Man füllt eine Rolle immer mit der eigenen Person und der eigenen Biografie aus. Ich habe „Fred“ damals die Reife und die Emotionalität verliehen, die ich in dem Alter besaß. Und so ist es auch mit Paul in dem Film „Cleo“, das ist quasi der ältere Jeremy. Und Fred war der jüngere
In einem Interview hast du mal gesagt, du würdest gerne mal einen Drogenabhängigen spielen, der vor dem Abgrund steht und alles verloren hat. Ist das immer noch so?
Jeremy: Das habe ich mal mit 16 in einem Interview zu den Wilden Hühnern gesagt ja. Ich glaube ich wurde damals auf gewissen Rollen festgelegt, der schöne, charmante Junge von nebenan und wollte einfach mal was anderes, existentielleres spielen. Aber durch das Theater habe ich nun ja die Möglichkeit dazu, viele Rollen zu spielen.
Wer sind deine schauspielerischen Vorbilder?
Jeremy: River Phoenix in „Stand by me“ hat mich als Kind sehr berührt und seine Performance ist vielleicht auch ein Grund, weshalb ich Schauspieler geworden bin. Sonst gibt es jetzt nicht diese klassischen Vorbilder, eher Schauspieler, die ich schätze, gerne beobachte und von denen ich mich immer wieder inspirieren lasse. Sandra Hüller, Edward Norton oder Adam Driver gehören dazu.
Was sind deine Wünsche für die Zukunft, sowohl beruflich als auch privat?
Jeremy: Privat möchte ich versuchen, im Moment zu sein und aufmerksam sein, für das, was um mich herum passiert, und um mehr Ruhe zu finden, die kleinen Wunder des Alltags, wie wir das auch in unserem Film „Cleo“ thematisieren. Beruflich wünsche ich mir immer neue, interessante Begegnungen mit Kollegen, die mich inspirieren und natürlich auch so viele neue fordernde Rollen.
