Matthias Gabriel erforscht mit „Moosburg ganz anders“ die Untergründe der Dreirosenstadt

Wie hat Moosburg früher ausgesehen, wer hat dort gelebt? Diesen Fragen geht Matthias Gabriel aus Moosburg in seiner Freizeit nach. Im Gespräch mit der Moosburger Zeitung im Pöschlbräu schweift sein Blick über den historischen Plan. Hier hat alles angefangen. Dort, im Bierkeller der ehemaligen Brauerei, haben Alfred, Matthias und Marko den ersten Tunnel entdeckt. Mit einem meterlangen Endoskop haben sie sich einen Weg durch den Schutt gebahnt und den Anfang eines unterirdischen Gangs ausfindig gemacht. Das alles dokumentiert per Video, der erste Beweis: Da muss etwas sein.
Als „Urban Explorer“ sind Matthias Gabriel, Alfred Bold und Marko Maier seit Dezember 2015 in Moosburg und Umgebung unterwegs. Mit ihren Kameras im Gepäck erforschen sie sogenannte Lost Places, verlassene Orte, Häuser und Ruinen innerhalb und außerhalb der Stadt, die sonst für niemanden zugänglich sind. Es dauerte nicht lange, bis aus dem Hobby mehr wurde als nur Fotografieren. Seit Monaten sind die drei auf der Suche nach Moosburgs Untergründen und Geheimnissen. Die Moosburger kennen sie mittlerweile, viele haben ihre alten Keller bereits für sie geöffnet. Ihre Ergebnisse veröffentlichen die Hobbyfotografen auf ihrer Internetseite „Moosburg ganz anders“ – mit erstaunlichem Interesse aus der Bevölkerung. Nun verbinden sich allmählich die Hinweise von Einwohnern mit den Nachforschungen: In Moosburg muss es ein Tunnelsystem gegeben haben.

„Als Kind hat mich das alles noch gar nicht so interessiert“, erzählt Matthias Gabriel. Jetzt holt ihn die Geschichte seiner Heimatstadt ein. In jedem alten Haus, Keller oder einer Mauer sieht er etwas, malt sich aus, was früher dort einmal gewesen sein könnte. Die Vergangenheit hat hier an vielen Flecken ihre Spuren zurückgelassen – und trotzdem bleibt vieles bislang ein Rätsel.
Die Geschichte Moosburgs geht zurück bis ins Jahr 770, als die damalige Klostersiedlung „Mosabyrga“ erstmals urkundlich erwähnt wurde. Mit ihrem natürlichen Schutz auf einer Landzunge zwischen Isar und Amper galt Moosburg schon früh als aufstrebende Region. Funde aus der Altstadt wiesen die Anwesenheit von Menschen in vor- und frühgeschichtlicher Zeit nach, und auch Grabungen im Stadtgebiet haben die frühe Bedeutung der Gegend bestätigt.
Der Geschichte nach brachten die Mönche Albin und Rhenobot um 800 die Reliquien des heiligen Kastulus nach Moosburg. 1021 wurde das Benediktinerkloster aufgelöst und ein Chorherrenstift gegründet. Ein Großbrand vernichtete 1207 das gräfliche Schloss und große Teile der Kastuluskirche, die dennoch 1212 geweiht wurde. 1281 erlosch das Grafengeschlecht der Moosburger. Dessen Wappen mit zwei roten und einer weißen Rose ziert jedoch bis heute die Stadt.
Über das abgebrannte Schloss, die Moosburg, gibt es heute nur Sagen und Gerüchte. Es wird vermutet, dass sie dort gestanden haben muss, wo heute der Plan ist, vor dem Kriegerdenkmal. Dies liege nahe, da das Münster ebenfalls von dem Brand betroffen war. Doch es gibt keinerlei Dokumente oder Bilder, die den Standort nachweisen – die Brände in den Jahren 1702 und 1865 haben alles vernichtet, auch das Archiv. Nachdem die Burg abgebrannt war, wurde der Platz platt gemacht, es sollte nie wieder etwas darauf gebaut werden, erzählt Gabriel.
Das Spätmittelalter war eine Blütezeit für Moosburg: 1329 übernahm man den Landgerichtssitz vom Amt Inkofen, von Mainburg, Wolnzach und sogar Obersüßbach mussten die Menschen damals bis nach Moosburg zum Gericht reisen. 1331 erhielt Moosburg nach der historischen Schlacht von Gammelsdorf schließlich das Stadtrecht.
Mittlerweile haben Gabriel und seine Freunde sich Stück für Stück vorgearbeitet in Moosburg. Viele eingesessene Bürger, deren Familien schon seit Generationen ein und dasselbe Haus in Moosburg bewohnen, haben ihnen ihre Keller gezeigt, ihnen entscheidende Hinweise gegeben. Inzwischen waren die drei in über zehn Kellern, darunter so historisch wertvolle wie der im Staudinger oder im Kaplanshaus. Einige Vorträge haben die drei Hobbyfotografen bereits über ihre Erkenntnisse gehalten, und sogar der BR war schon mit „Moosburg ganz anders“ unterwegs.
Das alles unter großem Interesse der Bevölkerung: Allein die Website http://www.moosburganders.blogspot.de wurde über 35 000 Mal aufgerufen. Die Moosburger wollen mehr wissen über ihre Stadt, ihre Herkunft, ihre Heimat. Und die Indizien verdichten sich: „Wir haben in einer Karte von Moosburg knapp 20 Verbindungen eingezeichnet, bei denen wir vermuten, dass es hier einen Tunnel gibt“, berichtet Gabriel. So soll es Verbindungen unter dem Plan, zwischen den heutigen Geschäften Bengl und Hudler sowie vom Amtsgericht zum Münster gegeben haben. Fast die ganze Altstadt müsse demnach unterirdisch miteinander verbunden sein.

Nur, warum ist bislang so wenig darüber bekannt? Zum einen sicher, weil viele Dokumente mit den Bränden vernichtet wurden. Zum anderen, vermutet Gabriel, weil viele Stadträte und Moosburger nicht wollen, dass all dies ans Tageslicht gerät. Sobald etwas historisch Wertvolles entdeckt werde, würden Denkmalschutz und Archäologen anrücken, die der Sache nachgehen wollen. Zudem kostet die Aufdeckung eines solchen Tunnelsystems, ähnlich wie es beispielsweise bereits in Furth im Wald gehandhabt wird, eine Menge Geld.
Was Gabriel auch umtreibt, sind die ehemaligen Brauereien in Moosburg. 14 soll es davon einmal gegeben haben. „In München gab es früher von den Brauereien unterirdische Verbindungen zur Isar, um das Eis für die Kühlung zu benutzen“, erzählt Gabriel. Es sei anzunehmen, dass dies auch in Moosburg auf diese Art und Weise praktiziert wurde.
Eine weitere große Tunnelverbindung soll es wohl zwischen Schloss Isareck in Wang und Moosburg gegeben haben. „Aus sicherer Quelle“ weiß Gabriel, dass dort vor einigen Jahren bei Bauarbeiten an der Thalbacher Straße sogar der Anfang eines Tunnels entdeckt worden sei, dies jedoch verheimlicht worden sei, um dem Denkmalschutz zu entkommen. Ein Tunnel, der unter die Amper führt – dies wäre für damalige Verhältnisse ziemlich fortschrittlich gewesen.
Gabriel ist sich sicher: „Irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, dass wir den ersten Tunnel öffnen. Eine Zusage von Privatbesitzern haben wir hierfür sogar schon. Dann wird sich zeigen, was dran ist an den Gerüchten. Wenn sich alles als ein Luftschloss entpuppt, haben wir immerhin das Geheimnis gelüftet und die These widerlegt. Aber wenn nicht . . .“
Info
Der nächste Vortrag von „Moosburg ganz anders“ findet am Freitag, 13. Oktober, um 19.30 Uhr in der VHS Moosburg statt. Der Eintritt ist frei.
Hier geht’s nochmal zum Originalartikel: http://www.idowa.de/inhalt.verlorene-untergruende-moosburg-eine-tunnelwelt.0470382a-5443-4916-b001-bc0cb8bc522a.html