Viele Ausbildungsplätze nach wie vor unbesetzt – Weiterbildung und Studium im Trend

Der Tenor der Teilnehmer am Pressegespräch zum Ausbildungsmarkt in der Agentur für Arbeit am Freitag in Freising war einhellig: Es gibt weiterhin mehr freie Stellen als Bewerber in den vier Landkreisen Dachau, Erding, Ebersberg und Freising. Die Gründe dafür liegen weitgehend in der Attraktivität der Weiterbildung sowie am Imageverlust der dualen Ausbildung.
Gemeinsam mit ihren Partnern aus den Berufsschulen, dem Kreishandwerk sowie der IHK präsentierte die Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Freising, Karin Weber, die aktuellen Zahlen des Ausbildungsmarktes und zog Bilanz über das Berufsberatungsjahr 2014/15. Bevor Weber das Wort an die Vertreter gab, wies sie auf die allgemeine Situation in den vier Landkreisen hin: „Es bleibt spannend auf dem Ausbildungsmarkt: Im letzten Jahr standen wieder viele Stellen zur Verfügung, die aufgrund der geringen Bewerberzahl nicht besetzt werden konnten. Hier besteht Handlungsbedarf.“ Auch ohne Traumnoten fänden Schüler demnach gute Ausbildungsplätze in den Betrieben. Im Berichtsjahr 2014/15 gab es 3264 Bewerber für Berufsausbildungsstellen in der Agentur für Arbeit, 39 davon fanden keine Perspektive. 559 von insgesamt 2966 Stellen blieben dabei unbesetzt, das sind 195 mehr als im Vorjahr. Im Landkreis Freising waren es 1189 Bewerber, von denen 14 noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Auch hier sind 204 Stellen von 1179, ein Plus von 27, nicht besetzt worden. Für die Geschäftsstelle Erding war die Tendenz ähnlich. „Bis Weihnachten geht da aber meistens noch was“, erklärte Weber.
Johannes Sommerer, Leiter der Berufsschule Dachau, informierte anschließend über die Integration von Flüchtlingen. Derzeit gebe es sechs Berufsintegrationsklassen, deren Ziel es ist, die Migranten in zwei Jahren durch Sprachförderung und Sozialkundeunterricht in die Berufswelt und unsere Gesellschaft einzugliedern. Im zweiten Jahr sind dabei vermehrt Praktika in unterschiedlichen Betrieben vorgesehen. Die Vertreter der Berufsschule Freising, Matthias Fischer und Ingrid Link, vermerkten eine positive Entwicklung im Bereich der Kinderpflege, in dem die Schülerzahlen deutlich angestiegen seien. Waren es im ersten Jahr noch 48, sind es nun schon 110 – Nachschub, der bei dem hohen Fachkräftemangel in Kindergärten dringend benötigt wird. Erfreulich sei auch, dass die besetzten Ausbildungsplätze in der Ernährungssparte eine ansteigende Tendenz zeigen. Momentan gibt es 170 Personen ohne Ausbildungsplatz, obwohl der Trend bei den „klassischen“ Betroffenen eigentlich nach unten geht – die Statistik wird durch die steigende Zahl der Flüchtlinge jedoch wieder angetrieben. In Freising gibt es wegen Platzmangels in der Berufsschule derzeit nur drei Integrationsklassen. Die Erfahrung mit den Flüchtlingen sei aber durchwegs positiv, wie Link bemerkte: „Die Schüler sind sehr motiviert, pflichtbewusst und wissbegierig.“ Lediglich an der Sprache scheitere es noch oft, sodass sie ihre Gedanken nicht ganz in Worte fassen können. Auch zurückhaltend seien viele der überwiegend männlichen Migranten aus Afghanistan, Syrien oder Somalia – die Vermittlungsquote für Praktika steigt aber. Elf Flüchtlinge befinden sich schon in einem festen Ausbildungsverhältnis in den verschiedensten Berufen von Bäcker bis Fachinformatiker.
Florian Kaiser, Referent für regionale Bildungsberatung der IHK München und Oberbayern, kam anschließend auf das unausgeglichene Verhältnis zwischen Bewerberzahlen und Stellenangeboten zu sprechen. Er sieht das Hauptproblem dafür in der Attraktivität des „Königswegs“ durch Abitur und Studium, der in den Köpfen vieler Eltern verankert ist. Aber auch das schlechte Image der dualen Ausbildung gelte es geradezurücken. Hier wurden seiner Meinung nach in den letzten Jahren falsche Signale durch die Politik gesendet. „Europaweit werden wir beneidet für unser gutes, duales Ausbildungssystem und im Inland selbst geht die Nachfrage zurück“, bemerkte Karin Weber. Dabei könnte man mit einer Ausbildung genauso gut Karriere machen und hätte durch die Weiterbildungsmaßnahmen danach immer noch die Chance, zu studieren, waren sich die Gesprächsteilnehmer einig.
Eine Renaissance würden die Ausbildungsberufe im Handwerk und Holzbau erleben, bemerkte Kreishandwerksmeister Rudolf Waxenberger aus Erding. In der Gastronomie gebe es Probleme, Ernährungsberufe wie Metzger oder Bäcker seien jedoch stabil. Zum Schluss wies Harald Brandmeier, Leiter der Berufsberatung in der Arbeitsagentur, noch darauf hin, dass nicht alle Bewerber die erforderten Kriterien erfüllten, um eine Ausbildungsstelle zu erhalten. Deshalb schwanke die Statistik der unbesetzten Stellen im Verhältnis zu den unversorgten Schülern.