Am 25. Mai wählt Europa

BildHallo. Ich will Ihnen mal einen Rat geben: Das Wichtige im Leben überlässt man nicht den anderen. Das Wichtige regelt man besser selbst. Und jetzt gebe ich Ihnen noch einen Rat. Am 25. Mai ist Europawahl. Da gehen Sie bitte wählen. Und zwar die CDU, damit Deutschland in Europa eine starke Stimme hat. CDU. Haben Sie das? Am 25. Mai Europawahl, CDU wählen.“, dröhnt die belästigende Stimme des Sprechers eines aktuellen Radiospots der CDU anlässlich der Europaparlamentswahl am 25. Mai 2014. Gerade ging noch die größte Abstimmung der Menschheitsgeschichte mit 815 Millionen Wahlberechtigten bei den Parlamentswahlen in Indien über die Bühne, da steht schon das nächste Megavotum an: Europa. Doch was wählen wir da eigentlich, wen wählen wir, und welchen Einfluss hat das auf Deutschland?

Ab Donnerstag ist es wieder soweit: Vom 22. bis zum 25. Mai werden nach fünf Jahren die 751 Abgeordneten des Europäischen Parlaments in allen 28 EU-Mitgliedsstaaten gewählt. Dabei stehen Deutschland als bevölkerungsreichstes EU-Land 96 Sitze zu. Eine Sperrklausel, wie etwa die „Fünf-Prozent-Hürde“, gibt es nicht, somit können grundsätzlich alle Kandidaten, für deren Partei ausreichend Stimmen abgegeben wurden, gewählt werden.

Den „Bundestag“ Europas gibt es schon seit der ersten parlamentarischen Versammlung der EGKS (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl) 1952, seit 1979 wird er direkt von den Bürgern gewählt. Die Wähler verfügen dabei über jeweils eine Stimme mit der sie sich für die Wahl einer Landes- oder Bundesliste einer Partei entscheiden können, die in das Europaparlament einziehen soll. Zur Wahl stehen generell alle deutschen Parteien, die bei der Europawahl 2014 antreten, das sind insgesamt 25. Aus deutscher Sicht sind momentan die CDU/CSU als stärkste Partei mit 42 Sitzen, die SPD als zweitstärkste mit 23 Sitzen, die FDP, die Grünen und die Linke im Europaparlament vertreten. Nach der Wahl formieren sich die über 160 national gewählten Parteien zu insgesamt sieben europaweiten Fraktionen mit gemeinsamen Zielen und Forderungen. Dabei bildet die EVP (Europäische Volkspartei) mit 274 Sitzen im Europaparlament die stärkste Allianz. Sie setzt sich aus Christdemokraten und konservativen Parteien, wie etwa die CDU/CSU, zusammen. Danach folgt mit 196 Abgeordneten die S&D (Sozialdemokraten), der sich die SPD anschließt. Außerdem gibt es noch eine liberale, eine grüne, eine sozialistische, eine konservative und eine rechtspopulistische Fraktion. Letzterer (EFD) gehört unter anderem die britische Partei „UKIP“ an, deren Hauptziel der Austritt des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union ist. Mit immerhin acht Europaabgeordneten und einem umstrittenen politischen Programm, das die Streichung staatlicher Finanzierung von Klimaschutz oder die Ablehnung von Multikulturalismus und die „Abschaffung politischer Korrektheit“ beinhaltet, sorgt die EU-skeptische Partei immer wieder für Diskussionen.

Seit dem am 1. Dezember 2009 verabschiedeten Vertrag von Lissabon stehen dem Europarlament mehr Rechte und mehr Macht in der Europapolitik zu. Dieses Jahr wird beispielsweise der von den europäischen Staats- und Regierungschefs vorgeschlagene EU-Kommissionspräsident (quasi der „Bundeskanzler“ der EU) zum ersten Mal direkt vom EU-Parlament gewählt. Somit haben wir Bürger indirekt auch mehr Einfluss auf die Wahl des Präsidenten, indem die von uns gewählten Repräsentanten für uns stimmen können. Auch ist das EU-Parlament nun gleichwertiger Gesetzgeber neben dem Rat der Europäischen Union. Dadurch hat das einzige, direkt gewählte EU-Organ mehr Einfluss auf wichtige Entscheidungen in den Bereichen Umweltschutz, Bankenaufsicht, soziale Mindeststandards, Verbraucherschutz oder Lebensmittelsicherheit, und das Interesse der EU-Bürger bei politischen Beschlüssen bekommt mehr Gewicht.

7 Antworten auf “Am 25. Mai wählt Europa”

  1. Liebe Lauri!
    Gut gemacht!!
    Genau richtig erklärt für solche Politikmuffel wie ich einer bin!! Prima

    Bussi mama

  2. Diese Wahl ist echt verdammt wichtig! Ich sehe eine große Gefahr in der aktuellen Wahlverdrossenheit, weil dadurch traditionell die extremen Parteien profitieren und – mal alle Neutralität beiseite – die AfD gehört nicht ins EU-Parlament. Oder noch schlimmer: Die NPD. Dass die großen Parteien diese Wahl und das EU-Parlament anscheinend nicht ernst genug nehmen, um richtigen Wahlkampf zu betreiben und entweder völlig unbekannte oder völlig unfähige Leute nach Brüssel schicken, finde ich furchtbar. Ich hoffe einfach nur, dass jeder Wahlberechtigte wählen geht, denn je mehr Leute abstimmen, desto repräsentativer ist das Ergebnis für die wahre Stimmung im Land 🙂

    1. Du magst mit vielem Recht haben Sebi, aber bei der AfD hast du dich wohl vor Denunziation der etablierten Parteien aufs Glatteis führen lassen. Die AfD ist genausowenig Rechts wie die CDU/CSU und die FDP. Deppen gibt es in allen Parteien, besonders aber in Neuen. Sarrazin ist übrigens SPDler. solange die CDU eine innerparteiliche Diskussion nicht zulässt, hat die AfD eine wichtige Ventilfunktion. So funktioniert die politische Debatte in einer Demokratie. Die Union ignoriert abweichende Meinungen und das Volk bestätigt mit 7%, dass diese gehört werden sollen.
      Momentan sorgen Kauder und Co übrigens dafür, dass sich die AfD auf längere Zeit in allen Parlamenten festsetzen wird. Die AfD ist Fleisch aus dem Fleische, weder rechts noch links, lediglich konservativ mit einer anderen, aber begründeten Meinung zur aktuellen Geldpolitik.

      1. Hallo Klaus,

        ich bin schon der Meinung, dass die AfD keine Partei der Mitte ist und es vermutlich auch gar nicht sein will. Hierbei muss ich immer an das Zitat von Bernd Lucke denken, der als AfD-Vorsitzender doch die Parteilinie verteten sollte: „Dann bilden [von der Grundsicherung abhängige Zuwanderer] eine Art sozialen Bodensatz – einen Bodensatz, der lebenslang in unseren Sozialsystemen verharrt.“ (Im Interview mit der SZ, wenn ich mich richtig erinnere). Diese Aussage ist einfach nur populistisch in Anbetracht der Tatsache, dass das Bildungsniveau bzw. der Akademikeranteil von Einwanderern höher ist als der von Deutschen (laut der Studie „Zur Lage der Integration in Deutschland). Und zu unserer Christlich „Sozialen“ Union, die sind ja irgendwie für alles und gleichzeitig aber auch dagegen. Weder Fisch noch Fleisch halt. Ich erinnere mich noch genau an das Zitat von unserer Bundeskanzlerin „Die EU ist keine Sozialunion“. Ich habe gedacht, ich höre nicht richtig? Die Quittung für die unentschlossene Haltung gab es ja bekanntermaßen.

        Andererseits muss ich dir soweit natürlich vollkommen zustimmen, dass Demokratie nur durch eine große Auswahl an Parteien funktioniert. Hier bin ich auch der Meinung, je mehr Parteien zur Wahl stehen, desto besser. Wenn die etablierten Parteien zusammen nicht mehr 80%, sondern nur noch 60% der Stimmen auf sich vereinen, müssten sie doch merken, dass irgendetwas nicht ganz richtig läuft.

        Zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass ich auch in einigen Punkten mit den Thesen der AfD übereinstimme, es ist ja bei eigentlich keiner Partei alles schlecht. Mir missfällt beispielsweise auch, dass in Deutschland Heimatverbundenheit viel zu schnell mit Fremdenhass gleichgesetzt wird. Wenn ich außerhalb einer Fußball-WM/EM mit Deutschlandfahne unterwegs bin, bin ich ja in den Augen mancher Leute schon fast ein Nazi. Es ist einfach eine brutale Überkompensation, die sich hier breit gemacht hat. Diese ganze „political correctness“ geht mir teilweise gehörig auf den Keks.

        So, genug ausgetobt. Gute Nacht und viele Grüße,
        Sebi 🙂

  3. So, jetzt möchte ich mich auch mal wieder etwas in die Diskussion einschalten. Ich finde, dass ihr beide gewissermaßen recht habt. Die AfD ist wohl eine Art Ventil, wie Klaus schön beschrieben hat – 7% sind ein Zeichen der Bevölkerung. Ob das nun eine einmalige Erfolgswelle ist, wie beispielsweise bei den Piraten, oder ob sie sich etablieren werden in der deutschen Parteienlandschaft, werden wir sehen. Ich denke, dass viele Gründe, die AfD zu wählen, auch aus der allgemeinen Politikverdrossenheit, Frustration und mangelhafter politischer Aufklärung resultieren. Wenn man nur ein Wahlplakat der AfD sieht, auf dem steht: „Solide Währung statt Euro-Schulden“, klingt das natürlich gut. Aber das lässt sich eben nicht so einfach realisieren, wie es proklamiert wird. Man darf die EU nicht nur auf ihre Probleme reduzieren, sondern muss auch alle Vorteile schätzen: Handelszone, Zollfreiheit, Binnenmarkt, Arbeit etc.

    Betrachtet man das gesamte politische Programm der AfD, so zeigt sich, dass die AfD nicht nur ein konservatives Outsourcing aus CDU/CSU ist, sondern eine Grundstimmung verbreitet, die Deutschland aus dem vereinten Europa wieder rauslösen möchte, was sie auch mit Wahlplakaten, auf denen sie die Schweiz als Vorbild für Deutschland proklamiert, untermauert. So eine Politik ist nicht mehr nur sehr konservativ, sondern destruktiv. Das Wohl (nicht nur in Europa) hängt davon ab, dass mehr und mehr gemeinsam und nicht gegeneinander gearbeitet und gedacht wird.

    Ich finde es allerdings auch erschreckend, dass bei dieser Europawahl in vielen Ländern die rechtsradikalen Parteien, wie etwa die Front National in Frankreich oder die UKIP in Großbritannien (beide 24 Sitze), stärkste Partei wurden. Das deutet doch allgemein auf einen politischen Umschwung für die kommenden Jahre in Europa hin. Nicht nur in Deutschland gibt es also diese negative Grundhaltung gegen die EU. Ich muss Sebi auch recht geben, bei dem Stichwort „Nazi“ und Deutschland. Wenn die NPD in Deutschland ohne Sperrklausel 1% bekommt und mit einem Sitz ins Europaparlament zieht, hört man sofort wieder von allen Seiten (zum Beispiel Frankreich), wie so etwas nur möglich sei, nachdem die Nazis in Deutschland so viele Menschen im 2. Weltkrieg umgebracht haben usw. Aber auf ihr eigenes Land und ihre eigenen Probleme schauen sie nicht? Die rechtsradikale Front National mit ihrer Marie Le Pen gewinnt vor den etablierten Parteien mit knapp 25% – das ist dann normal, oder? Aber bei 1% NPD in Deutschland gleich den Weltuntergang prophezeien.

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